1960 – 1979
Der Vorstand der Bruderschaft unter der Leitung des 1. Brudermeisters Hans-Theo Alfter hatte bereits im Jahr 1959 beschlossen, eine neue Schwenkfahne anzuschaffen. Die Fahne wurde dann am 8. Mai 1960 von Pastor Rosauer geweiht. Sie zeigt das Bild der heiligen Familie, nach der die Bruderschaft benannt ist. Darunter befindet sich der Leitspruch der Schützenbrüder: „Für Glaube Sitte und Heimat“. Das Fahnenweihfest war verbunden mit dem Maiball, bei dem das Maikönigspaar des Jahres 1960, Rolf Bergmann und Resi Kurth, geehrt wurde.
Am 7. August 1960 feierte der Präses, Pfarrer Bernhard Rosauer, sein 40jähriges Priesterjubiläum. An dem Festhochamt und dem Festakt im Vereinshaus nahmen die Chargierten in Uniform teil. Bei der Kirmes im gleichen Monat hatte die Bruderschaft gleich zwei Jubiläen zu feiern, nämlich das goldene von Christian Groll und das silberne von Heinrich Koßmann. Die Jubilare wurden wie üblich mit einem Festakt im Vereinshaus geehrt. Das Jahr 1960 zeigt aber noch weitere Aktivitäten der Bruderschaft auf: Am 19.9. gratulierte der Vorstand dem Ehrenmitglied Theo Trommeschläger und dessen Frau zur silbernen Hochzeit, am 24.9. Teilnahme an den Festlichkeiten anlässlich des 80jährigen Bestehens des Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums, am 25.9. nahmen die Chargierten an dem Bundesschützentreffen in Bad Godesberg teil, am 26.9. war die Bruderschaft mit einer Abordnung bei der Nachbarbruderschaft in Niederdollendorf zur Kirmes eingeladen und am 13.11.1960 legte sie am Ehrenmal in Oberkassel anlässlich des Volkstrauertages einen Kranz nieder. Damit war aber das Halbjahresprogramm nicht erschöpft, denn am 17.11.1960 fand eine Besprechung statt, die den Karneval im nächsten Jahr zum Thema hatte. Tatsächlich wurde dann auch im kommenden Jahr eine Karnevalssitzung durchgeführt, bei der die Junggesellen den Elferrat stellten. Der Erlös dieser Rosenmontagssitzung wurde für die Beschaffung neuer Stühle für das katholische Pfarrheim gespendet. Auch die Einnahmen der Rosenmontagsveranstaltung 1962 sind für einen guten Zweck, nämlich für die Unterstützung der Sturmflutgeschädigten in Hamburg, gespendet worden. Der karitative Gedanke kam auch am „Tag der guten Tat“ 1965 zum Ausdruck. Die Bruderschaft half durch ihre Teilnahme mit, einen Fonds für ältere Mitbürger zu schaffen, um diesen in Notfällen helfen zu können. Am 11.12.1960 fand die Halbjahresversammlung der Bruderschaft statt. Wie man sieht, war das Jahr 1960 voller Termine. Die Bruderschaft hatte zu dieser Zeit 83 aktive und 81 inaktive (verheiratete) Mitglieder.
Trotz der vorgenannten Aktivitäten der Bruderschaft stellt man Mitte bis Ende der sechziger Jahre fest, dass die Beteiligung an den traditionellen Veranstaltungen von Seiten der Junggesellen nachließ. Eine gewisse Interessenlosigkeit war zu verspüren. Es gab viele Dinge, wie Tanzvergnügen und Motorisierung, die den Jugendlichen wichtiger waren als die Tradition ihrer Väter. Dies war Anlass für den Vorstand, im Jahre 1964 in der Oberkasseler Zeitung und der Bonner Rundschau in einem Artikel die Junggesellen wieder zum aktiven Mitmachen aufzurufen.
Im Herbst 1965 ging Pfarrer Rosauer in den Ruhestand. Er war 1943 nach Oberkassel gekommen und ist somit über 20 Jahre Präses der Bruderschaft gewesen. Nach dem 2. Weltkrieg hat er mit seinem Beistand der Bruderschaft für ihren Neuanfang sehr geholfen.
Am Familiensonntag 1966 wurde Pfarrer Josef Bolten neuer Präses der Bruderschaft. Er war ein Mann, der dem ökomenischen Gedanken sehr aufgeschlossen war. Ihm verdankt die Bruderschaft auch das Motiv mit den Abbildungen der katholischen und alten evangelischen Kirche auf einer Fahne. Diese Schwenkfahne wurde am 22. Mai 1966 in der Kirche von Kaplan Lang geweiht. Es war seine letzte Amtshandlung in Oberkassel, denn er wurde als Religionslehrer nach Mettmann versetzt. Pfarrer Josef Bolten verstarb im September 1967 ganz plötzlich im Alter von 57 Jahren. Die ganze Gemeinde war erschüttert, auch Pfarrer Kroh von der evangelischen Gemeinde brachte am Grab das Mitgefühl der evangelischen Gemeinde über den Verlust des Priesters zum Ausdruck. Die Bruderschaft hielt am Sarg die Ehrenwache, und die ehemaligen Könige trugen den Sarg zur Grabstätte auf dem Friedhof in Oberkassel.
Als Nachfolger von Pfarrer Josef Bolten kam Elmar Wiegelmann als neuer Pfarrer nach Oberkassel. Er wurde bei der Generalversammlung der Bruderschaft am 3.3.1968 durch den Brudermeister Dieter Wittmann als Präses eingeführt. Bei der Kirmes im August 1968 lernte er die Tradition der Bruderschaft kennen. Die Pfarrgemeinde feierte damals zum ersten mal eine Messe auf dem Schulhof noch vor der alten Volksschule. Wegen des angewachsenen Straßenverkehrs war die traditionelle Kirmesprozession durch den Ort nicht mehr ungestört möglich. Der Wegfall dieser alten Tradition wurde von vielen Bürgern bedauert.
Mit dem Familienfest am 5.1.1969 begann das Festjahr des 175jährigen bestehens der Bruderschaft. Der Präses feierte das Festhochamt mit der Bruderschaft und der Gemeinde. Nach dem Hochamt trafen sich die Mitglieder bei einem Frühstück und Früschoppen. Nachmittags konnten sich die Oberkasseler Bürger in einer Ausstellung im Pfarrheim durch alte Bilder, Bruderschaftsbücher, Chroniken und Fahnen einen Einblick in die Geschichte der Bruderschaft verschaffen.
Am Abend bei der Festfeier begrüßte der Brudermeister Dieter Wittmann viele Ehrengäste. Nach dem Totengedenken hielt Ehrenmitglied Willi Marner eine Festansprache, die viel Beifall fand. Höhepunkt bei dieser Feier waren zahlreiche Ehrungen. Bundes-Jungschützenkönig Beu überreichte dem ältesten Schützenkönig Nikolaus Werner im Auftrag des Zentralverbandes der historischen Deutschen Schützenbruderschaften den Hohen Bruderschaftsorden. Ehrenschiessmeister Wilhelm Wimmeroth und Ehrenmitglied Theo Trommeschläger wurden mit dem Silbernen Verdienstkreuz ausgezeichnet, und für ihre Verdienste um die Bruderschaft erhielten Heinz Willmeroth, Peter Bous und Kurt Robens die Fürst-Salm-Reifferscheidt-Medaille. Anschließend wurde bis drei Uhr getanzt.
Die äußere Feier des 175jährigen Bestehens der Bruderschaft, welche auch zugleich das 150jährige Jubiläum der Schützen bedeutet, fand am 11. Mai 1969 statt. Man hatte diesen Festtag entsprechend der Tradition an Kirmes ausgestaltet. Der Ablauf soll hier etwas ausführlicher geschildert werden.
Samstag abend wurde die Vogelstange, damals noch auf der Halde am Steinbruch Peter Uhrmacher, aufgestellt. Das Tambour-Corps spielte die übliche Ständchen. Die Junggesellen trafen sich zu eienr gemütlichen Runde in der Gaststätte Künster in der Kirchstrasse (heute Kastellstrasse). Sonntags morgens wurden die Oberkasseler Bürger durch Böllerschüsse geweckt. Die Bruderschaft versammelte sich mit den ehemaligen Königen und Ehrenmitgliedern zum Kirchgang. Nach dem Festhochamt, das der Präses und die Gemeinde gemeinsam gefeiert hatten, ging der Schützenzug zur Gefallenenehrung auf den Marktplatz. Die ehemaligen Könige wurden dann zum Steinbruch Uhrmacher geleitet, wo sie traditionsgemäß auf den Jubiläumsvogel schossen. Es waren 31 Könige, die sich darauf geeinigt hatten, in der Reihenfolge ihres Königsjahres zu schiessen. Der Präses begann mit einem Ehrenschuss. Den Kopf des Vogels schoss Heinz Lenz, die beiden Flügel Klaus Obliers und den Schweif Franz Everhartz herunter. Nach zähem Ringen traf Josef Commans das letzte Stück des Rumpfes und wurde damit Jubilarkönig.
Nachmittags traten die Junggesellen, die ehemaligen Könige und ein Zug inaktiver Mitglieder auf dem Marktplatz an. Es wurden abgeholt der Schützenkönig und Brudermeister Dieter Wittmann, die Schützenkönigin Monika Müller, der Maikönig Bernd Käufer und die Maikönigin Gisela Falkenstein, außerdem der Bürgermeister, der Amtsdirektor und der Gemeinderat von Oberkassel. Es war übrigens das letzte Mal, dass bei einem Fest in der Geminde der Bürgermeister mit den Gemeindevertretern mitmachte, denn nach der kommunalen Neuordnung gehörte Oberkassel ab 1.8.1969 als Ortsteil zur Stadt Bonn. Jubilarkönig Josef Commans hat diese für Oberkassel so wichtige Neuerung und die erste Landung des Menschen auf dem Mond auf seinem Jubilarschild eingravieren lassen.
Der Festzug begab sich zum Hause von Josef Commans, der zu einem Umtrunk geladen hatte. Nach der Krönung des Jubilarkönigs Commans, der durch Fahnenschwenken geehrt wurde, ging der Festzug zur Wilhelmstrasse (heute Adrianstrasse). Auf diesem Weg ehrte man auch Frau Margarete Holtorf durch Fahnenschwenken. Sie war vor 50 Jahren Königin der Bruderschaft gewesen. Viele Zuschauer hatten sich auf der Wilhelmstrasse eingefunden, um die traditionelle Parade zu sehen. Der Festball im Pfarrheim bildete den Abschluss, bei dem auch das vorerwähnte Maikönigspaar gekrönt und geehrt wurde. Nachzutragen ist noch, dass der Maikönig sich beim Fällen des Maibaumes mit dem Beil in den Fuß schlug und in das Unfallkrankenhaus nach Königswinter gebracht werden musste. Zum Maiball konnte er aber wieder dabei sein, wenn auch nicht tanzen.
Die Kirmes im Jahre 1969 wurde nach alter Tradition durchgeführt. Die ersten Zuschauer gingen am Kirmesmontag bereits zur Königskrönung, als der König noch gar nicht ermittelt war. Erst gegen 15.00 Uhr wurde der Königsvogel von Manfred Thelen heruntergeschossen. Seine Königin war Margret Weinstock. Die Begleiterpaare waren Peter Weinstock/Anneliese Ehl und Ludwig Wierich/Stefani Prinzessin zur Lippe. Der Abschluss dieser Kirmes war wieder Mittwochabend, als man den Kirmeskerl in den Rhein warf. Am 5.10.1969 nahm eine Abordnung der Bruderschaft an dem Bundeskönigsschiessen in Bad Godesberg teil. Ein gemütlicher Abend der ehemaligen Könige am 29.11.1969 im Hotel zur Post und die Halbjahresversammlung am 19.12.1969 im Lokal Hommerich beendeten das Jubiläumsjahr 1969.
Blickt man auf die nächsten 10 Jahre nach dem Jubiläum zurück, kann man sagen, dass die Kirmesfeierlichkeiten entsprechend dem Brauchtum durchgeführt wurden. Aber es gab auch in diesen Jahren Jubiläen, Höhepunkte und Besonderheiten, die nachfolgend erwähnt werden sollen. Bereits nach dem geschilderten Jubiläumsjahr lag eine Einladung des Prinzen Ernst August zur Lippe nach Schloss Syburg vor, wo er jetzt wohnte. Zu dem Haus zur Lippe hatte die Bruderschaft stets ein gutes Verhältnis. Es war Tradition, am Kirmessonntag, nach der Gefallenenehrung, dem Fürstenhaus die Fahne zu schwenken. Man fuhr also am 26.9.1070 mit großer Beteiligung nach Schloss Syburg, welches in der Fränkischen Gemeinde Thalmannsfeld liegt. Bei Bier und Spießbraten wurden die ersten Erinnerungen mit dem Haus zur Lippe ausgetauscht. Die Übernachtung fand, wegen der großen Teilnehmerzahl, in einer Scheune statt. Am morgen des nächsten Tages erfreute man die Thalmannsfelder mit einem Festzug, Fahnenschwenken und Tanzmusik, wozu das mitgereiste Tambour-Corps aufspielte.
Der 1. Brudermeister hat in der Bruderschaft eine herausragende Stellung. Er trägt die Verantwortung und ist mit einem weiteren Vorstandsmitglied gemeinsam zur Vertretung der Bruderschaft berechtigt. Er wird vom 2. Brudermeister vertreten, wenn er verhindert ist, so heißt es in der jetzt gültigen Satzung. Tatsächlich ist er der Motor der Bruderschaft, ohne den nichts läuft. Am 19.5.1970 wurde Dieter Wittmann zum 1. Brudermeister gewählt und Michael Vianden zu seinem Stellvertreter. Wittmann ging mit Elan und neuen Ideen an die Vereinsarbeit heran. Nachdem er das Jubiläumsjahr gut hinter sich gebracht hatte, veranstaltete er am Jahresende 1970 zum ersten mal in der Geschichte der Bruderschaft eine Silvesterparty im Pfarrheim. Mit Darbietungen des Tanzcorps der „Kaasseler Jonge“, einigen Gesellschaftsspielen, dem Auftritt eines Magiers und Tanz war der Abend ein voller Erfolg. Diese Veranstaltung zu Silvester, die bei der Bevölkerung viel Anklang gefunden hat, hat die Bruderschaft bis heute beibehalten.
Im Jahr 1970 führte die Bruderschaft unter der Regie von Wittmann eine weitere Neuerung ein. Anstelle des üblichen Maiballs im Saal, veranstaltete man ein „Maifest“ im Bürgerpark. Man begann um 14.00 Uhr im Bürgerpark mit einem Kinderfest. Für die Kinder gab es Spiele, wie Sackhüpfen und Würstchenschnappen. Gegen 18.00 Uhr spielte eine Kapelle zum Tanz auf. Bierstände, Würstchen- und Grillbuden vervollständigten die Ausrüstung im Park. Abschließend konnte der Vorstand befriedigt feststellen, dass das Maifest im Park von der Bevölkerung gut angenommen worden war und die Wiederholung im nächsten Jahr beschließen. Hierbei ist es dann bis heute geblieben.
Am 4.3.1973 nahm die Bruderschaft zum ersten mal an Karneval am Oberkasseler Veedelszoch teil. Der Wagen der Bruderschaft stellte das Denkmal von Gottfried Kinkel dar und kam gut bei der Bevölkerung an. Bei der Bewertung des Zuges bekam sie den 2. Preis. Dies spornte an, auch in den nächsten Jahren, wenn auch mit unterschiedlicher Beteiligung, wieder den Karnevalszug mit einem Wagen oder einer Fußgruppe zu verschönern.
Wenn man die Jubiläen der siebziger Jahre Revue passieren lässt, so fällt das außergewöhnliche Jubiläum einer Königin, nämlich Frau Maria Nolden, geborene Effertz im Jahre 1971, auf. In diesem Jahr war Frau Nolden 96 Jahre alt und vor 75 Jahren, also 1896 Schützenkönigin gewesen. Sie heiratete ihren Schützenkönig Christian Nolden. Dieses Jubiläum freute besonders den Enkel Franz-Egon Nolden, der im Jahre 1961 Schützenkönig gewesen war. Im gleichen Jahr feierte die Bruderschaft das 50jährige Königinnenjubiläum von Frau Agnes Mittler, geborene Limbach. Bei den Gratulanten war hier der Neffe Bernd Käufer, Schützenkönig des Jahres 1970, dabei. In diesem jubiläumsreichen Jahr 1971 gab es nach langer Zeit, bedingt durch den 2. Weltkrieg, wieder einen Jubilar der vor 25 Jahren Schützenkönig war, nämlich Paul Mohr. In den folgenden Jahren konnte die Bruderschaft fast jedes Jahr einen silbernen Jubilarkönig ehren. Um das Jahr 1971 zu vervollständigen sei erwähnt, dass Peter Weinstock und Anneliese Ehl das Königspaar waren. Die Begleiterpaare hießen Willi Oberdick/Erika Schmitz und Michael Vukota/Monika Schlierenkamp.
Noch zwei goldene Jubiläen fallen in die siebziger Jahre, nämlich das von Nikolaus Werner und Bernhard Alfter. Gemeinsamkeit haben sie darin, da0 sie, wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten, Brudermeister waren und sich Verdienste um die Bruderschaft erworben haben. Nikolaus Werner konnte anlässlich der Kirmes 1973 sein 50. Königsjubiläum mit seiner Gattin Elise, geborene Braschoß feiern, die auch seine Schützenkönigin gewesen war. Er konnte sogar sein 60. Jubiläum bei der Kirmes 1983 feiern. 1973 wurde Franz Everhartz Jubilarkönig und 1983 war es Peter Ommert. Auch Bernhard Alfter konnte das 50. Königsjubiläum feiern und zwar im Jahr 1977. Manfred Thelen hieß der glückliche Schütze, der Jubilarkönig wurde.
Fand in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg das Königsvogelschiessen noch im Steinbruch oder auch vor der Brecheranlage des Steinbruches von Peter Uhrmacher statt, so wurde dies später aus Sicherheitsgründen von den Behörden nicht mehr gestattet. Die Bruderschaft verlegte dann den Schießstand auf den vom Oberkasseler Fußballverein freundlicherweise überlassenen Fußballplatz. Die zunächst transportable Kugelfanganlage wurde dann 1977 durch eine feststehende Kugelfanganlage aus Beton ersetzt. Hierfür war eigens eine Baugenehmigung erforderlich.